Angel hätte aus der Haut fahren können.

Tauchte denn immer jemand auf, wenn er dachte, sich in sein wohlverdientes Bett legen zu können?

Betont lässig ging er die Stufen hinab, um sich dann vor Gunn aufzubauen.

„Ich hoffe, deine Neuigkeit ist wichtig genug, um mich am Schlafen zu hindern.

Eine lange, und wie du dir vorstellen kannst, ereignisvolle Nacht liegt hinter mir. Und die Kommende, könnte mich an die Grenzen meiner Kräfte führen.“

„Der große Angel. Denkt der Herr, er ist der einzige, der hier in der Stadt mit Schwierigkeiten zu kämpfen hat? Denn dann täuscht er sich. Ich habe heute Nacht zwei meiner Leute verloren. Ich musste hilflos mit ansehen, wie er ihnen, vor meinen Augen, das Genick brach. Und dann hat dieser Mistkerl noch die Unverfrorenheit, mich um einen Botendienst zu bitten. Hier. Das soll ich dir überbringen.“

Angel fing ein Stück gefaltetes Pergament auf.

In seinen Händen hielt er einen, in altem Stil gefalteten Brief.

Das Siegel, welches in das rote Wachs eingedrückt war, kam ihm seltsam bekannt vor.

Er brach es und faltete das steife Papier auseinander.

 

In großer verschnörkelter Handschrift war zu lesen:

 

Bonjour Angelos

 

Ach richtig, du bist nun Angel. Endschuldige.

Konntest du dieses Mal deinem Schützling nicht rechtzeitig zu Hilfe eilen?

Nuis. Je suis cependant désole, Ange.

 

Ja natürlich. Angel konnte sich vorstellen, wie leid diesem das tat.

Er las weiter.

 

Wie ich vermute, wirst du versuchen mich zu finden. Ich habe nichts dagegen. Ganz im Gegenteil. Ich werde auf dich warten.

Jusqu a ensuite, Ange.

 

« Ange »

Das Wort schien ihn zu verhöhnen. Wenn es auch nur die französische Version seines Namens war.

Es stand keine Unterschrift darunter, doch das, mit französisch durchsetzte Schreiben, war die Handschrift des Marquis.

Weil dieser der englischen Sprache abgeneigt war, und das Amerikanisch sogar für ordinär hielt, sprach und schrieb er immer in einem Mix der beiden Sprachen.

So gab es für Angel keinen Zweifel mehr.

Er hatte Knight mit voller Absicht gebissen. Allein um sein Interesse zu wecken, und eine unausgesprochene Herausforderung an ihn zu richten.

Als er aufschaute, merkte er, dass ihn alle schweigend anstarrten.

„Sie stammt von Du Sant. Er war es wirklich. Einen neuen Hinweis könnten wir mit diesem Brief bekommen haben. Du Sant benützt ein Siegel. Schaut nach, ob eine Verbindung zu Firmenzeichen gibt. Ich könnte mir bei Du Sant gut vorstellen, dass er mit den Jahren ein eigenes Firmenmonopol aufgebaut hat.“

Angel reichte den Brief an Wesley, der ihn schnell überflog.

„Gunn, nimm dich in Acht vor Du Santé. Er ist ein mächtiger Gegner. Selbst für mich. Versuch auf keinen Fall, dich mit ihm allein anzulegen. Komm in ein paar Stunden wieder. Dann werden wir weiter sehen. Und nun entschuldigt.“

Zum dritten Mal schlug er den Weg zu seinem Bett ein. Jeden weiteren Störenfried würde er mit eigenen Händen vor die Türe setzen.

 

 

Q

 

Das monotone Piepsen. der verschiedenen Apparaturen neben sich, brachte ihn langsam um den Verstand.

Den halben Vormittag hatte er nun untätig in diesem Bett gelegen und zugeschaut, wie das Blut Tropfen für Tropfen aus dem Transfusionsbeutel in den Schlauch und in seinen Arm floss.

Der Wunsch aufzustehen wurde immer größer. Die Transfusion hatte seine Lebensgeister wieder geweckt.

Sehnsüchtig blickte er hinüber zu den hohen Fenstern, deren schwere Brokatvorhänge zugezogen waren.

Eine weitere Stunde verging, in der seine Unruhe stetig stieg, dass er glaubte von innen heraus zerbersten zu müssen.

Die Stille im Haus trug noch ihren Beitrag hinzu. Er hätte eine Stecknadel fallen hören können.

Von irgendwo im Haus konnte er eine der etlichen kostbaren Standuhren schlagen hören.

In Gedanken zählte er mit.

Bong - Er schloss seine Augen. Konzentrierte sich allein auf ihren Klang.

Bong - Alles in ihm spannte sich an.

Bong - Beim dritten Schlag starrte er auf die geschlossene Türe.

Bong - Sein Herz schien im gleichen Takt zu schlagen.

Bong - Seine Hand grub sich ins Bettlaken. Ließ mit dem nächsten Schlag wieder los.

Bong - Er hielt es nicht länger aus. Mit seiner freien Hand nach der Nadel in seinem Arm greifend, sie umfassend, riss er sie mit einem einzigen kurzen Ruck heraus.

Bong - Endlich war sie heraus

Bong - Er schwang seine Beine aus dem Bett, richtete sich viel zu schnell auf, und wäre fast gestürzt.

BongBong - Nur unbewusst nahm er die nächsten beiden Schläge wahr. Zu sehr rauschte das Blut in seinen Ohren.

Bong – Endlich hörte das Zimmer auf, sich um ihn zu drehen.

Bong – Beim 12. Schlag hatte er den Knauf der Türe in der Hand.

Auf dem Gang war es viel zu hell. Schmerzhaft wurde ihm das bewusst.

Wie von einer gleißenden Sonne geblendet, kniff er sich die Augen zusammen und versuchte sich durch die unscharfe Umgebung zu tasten.

Katie, eine der langjährigen Angestellten der Foundation, kam ihm entgegen.

Auch wenn er sie nicht genau sehen konnte, so nahm er mehr als sonst, ihr so typischer Duft nach Veilchen wahr.

Sie kam auf ihn zugeeilt und packte ihn am Arm.

„Mr. Knight. Was machen sie denn hier draußen? Man hat ihnen doch Bettruhe verordnet.“

Michael hörte nur halbwegs ihren Worten zu. Seine Ungeduld trieb ihn weiter, gab ihm Kraft, um sie von sich abzuschütteln und den Gang hinunter zu rennen.

Direkt auf das Eingangsportal zu.

Draußen schien die unbarmherzige Mittagssonne auf ihn hinab.

Die Sonnenstrahlen schienen wie 1000 Nadeln auf ihn hinab zu prasseln.

Seine ganze Haut schien in Flammen zu stehen.

Noch war die Verwandlung noch nicht ganz abgeschlossen, sodass er sich noch nicht selbstentzündete.

Die Hände zum Schutze, vor der unmenschlich auf ihn hinab scheinenden Sonne, über sich haltend, rannte er in gebückter Haltung über den Hof zu Garage Drei.

Dort waren die großen Limousinen untergestellt, welche Devon bei offiziellen Anlässen zu benützen pflegte.

Die fast 10 m langen Stretch-Limousinen, waren zusätzlich mit tiefschwarz getönten Front – Seiten – und Heckscheiben ausgestattet.

Michael stieg in die erstbeste ein, und klappte die über ihm befindliche Sonnenblende herab.

Wie immer hatte Peter, der Chauffeur von Devon, seinen Ersatzschlüssel dort hinterlegt.

Klingelnd fiel ihm der Schlüssel mit dem Anhänger in die geöffnete Hand.

Der Motor  sprang ihm viel zu langsam an, und das elektrische Garagentor bewegte sich wie in Zeitlupe.

Als endlich genügend Platz zum zufahren war, stand Michael voll aufs Gas.

Das schwere Fahrzeug, welches solche Startmanöver nicht gewohnt war, reagierte mit durchdrehenden Reifen, kam aber keinen Zentimeter von der Stelle.

Erst als Michael ein wenig Gas wegnahm, kam es trudelnd in Fahrt.

Allein seine Fahrkünste verhinderten es, dass die Limousine den Weg durch die Wand nahm.

Er musste das Haus einmal  umrunden, um zur Ausfahrt zu kommen, was Katie wohl genug Zeit gegeben hatte, um Alarm zu schlagen.

Denn als er gerade in die Ausfahrt einbog, kamen ihm Justin und Dr. Albert, wild gestikulierend, entgegen.

 

 

In ihren Überlebensinstinkt vertrauend, fuhr er zwischen den beiden, je nach links und rechts weg springenden Männern hindurch, riss das Lenkrad so hart nach links, dass die Limo übersteuerte und hinten ausbrach.

Schlitternd und schlenkernd brauste er Richtung City davon.

 

Q

 

Zusammen mit Cordelia hatte sich Bonnie an den PC gesetzt. Sie hatten das Siegel eingescannt, um es dann durch ein Suchprogramm, mit den Firmenlogos zu vergleichen.

Fast gelangweilt hatte Bonnie auf den Schirm geschaut. Eine Kopie des Siegels, hatte sie zu KITT durchgegeben, der nun ebenfalls nach einem Hinweis suchte.

Während auf der linken Seite die verschiedenen Logos durchliefen, fast nicht erkennbar für das Auge, blinkte unter dem rechten Bild des Siegels, immer nur der Schriftzug „No Match“.

Seid fünf Stunden suchten sie nun schon.

Während sie und Cordelia alle verfügbaren Computer in Benützung hatten (standen auch nur PC und Apple Laptop zur Verfügung), hatte sich Wesley wieder in seine Bücher vertieft.

Die alten Wappen verschiedener großer Familien aus dem 17 Jahrhundert durchgehend, um die dort eingetragenen Symbole mit dem, des Briefes zu vergleichen.

Es gab Hunderte von großangesehenen Familienwappen, und unzählige kleinere deren Zeichen nur angedeutet hinterlassen war.

Das Glück schien jedoch auf seiner Seite zu sein, als er auf Seite 78 auf das Abbild eines französischen Landedelmannes stieß.

Es war sein Wappen. Laut dem Buch war DuSant ein angesehener Pferdezüchter gewesen, der auf den Rennbahnen von ganz Frankreich und England weit bekannt war.

Neben seinem Wappen befand sich das Brandzeichen seines Gestüts.

„Cordelia, Miss Barstow. Ich glaube, ich bin hier auf etwas gestoßen. Schaut doch mal nach, ob ihr unter diesem Brandzeichen ein eingetragenes Gestüt findet.“

Wesley schleppte sein riesiges Buch hinüber zu den beiden Frauen, und hielt ihnen die Abbildung entgegen.

Bonnie änderte sofort die Eingabe, um auf die entsprechende Seite zu gelangen.

Nun durchlief das Suchprogramm das Branchenbuch des Pferdemarktes.

Es gab hunderte von eingetragenen Zuchtunternehmen weltweit, doch Bonnie filterte sofort die nicht in den Vereinigten Staaten sitzenden aus.

Rein aus einem Gefühl heraus, lies sie den Computer nach französischen Namen suchen.

Schon nach kurzer Zeit zeigte sich auf dem Monitor ein Ergebnis.

Jaques Du Mont war einer der höchstangesehenen Züchter für Rennpferde weltweit.

Seine Pferde waren unter den besten platziert.

In den Kreisen der gehobenen Gesellschaft, welche sich auf den Rennbahnen tummelte, galt Du Mont als einer der bestverdienenden Männer.

„Das könnte unser Mann sein. Wie vermutet hat er einen anderen Namen angenommen, und die Pferdezucht wird er als Deckung und Geldquelle ausgesucht haben.“

Bonnie scrollte die Seite hinauf und hinunter.

Sie hoffte einen Hinweis auf den Mann zu bekommen. Doch kein Bild und keine genaue Beschreibung war vorhanden.

Er galt als ausgesprochen Unphotogen und scheute jede Art von Interview.

„Ich kann keine Angaben über ihn finden. Hier sind Informationen über Informationen über all seine Vollblutpferde, über Einnahmen, Umsätze und Unkosten. Aber nichts was uns weiter helfen könnte.“

„Er ist es.“

Alle drehten sich überrascht zu der Stimme um. Viel zu vertieft in ihre Entdeckung, hatten sie nicht bemerkt, wie sich Angel zu ihnen gesellt hatte.

„Du Mont ist der Mädchenname seiner Mutter, Jaques war der seines Vaters. Er hatte seid jeher ein Händchen für Pferde. Schon zu Lebzeiten von Königin Victoria hat er ein Vermögen an Geld durch Pferdewetten gemacht. Es wundert mich nicht,  dass er in dieses Geschäft eingestiegen ist.“

Angel schaute zur Uhr und dachte über seine nächsten Schritte nach.

Es war kurz nach Zwölf. Bis zum Abend war es noch lang.

Cordelia schien seine Gedanken zu erraten.

„Wir könnten ja schon einmal vorgehen. Uns umschauen und umhören. Bei Tage kann uns nicht viel passieren, wobei an solch belebten Plätzen die Wahrscheinlichkeit, dass wir unentdeckt bleiben, groß ist. Was sagst du dazu?“

Angel wollte Cordelia gerade antworten, als Bonnies Comlink wieder piepste.

Obwohl der Ton sich nicht verändert hatte, klang es in Bonnies Ohren sehr alarmierend.

„Ja Kitt?“

„Bonnie, Katie hat mich gerade kontaktiert.“

Warum klang KITT nur so nervös? Ungeduldig wartete sie auf KITTs nächste Worte.

„Michael hat sein Bett verlassen, um dann mit einer von Devons Limousinen die Foundation zu verlassen.“

Bonnie stockte der Atem. Ihr Kopf ruckte zu Angel herum, welcher wie eine steinerne Statue neben ihr stand.

„Wir müssen ihn finden.“

„Nicht wir. Ich werde mich auf die Suche machen. Rufen sie sich in Erinnerung, was ich ihnen sagte. Aber vielleicht haben sie eine Idee, wie ich ihn finden könnte?“

Bonnie überlegte einen Moment.

Wenn Michael seinen Comlink nicht abgelegt hatte, müsste KITT eigentlich in der Lage sein ihn zu orten. Das Problem war nur, dass der, in Michaels Armbanduhr eingebaute Sender, allein in einem sehr kleinen (ca. 2 Milen) Radius empfangen werden konnte. Es sei denn, sie würde KITTs Scannerreichweite ausweiten.

„Kitt könnte Michael ausfindig machen. Ich müsste nur seine Ortungssensibilisierung auf die Frequenz des Comlinks einschränken. Doch mehr als 5 Milen werde ich wohl nicht rausholen können.“

„Und das heißt?“

Angel verstand sehr wenig von dem, was Bonnie da sprach.

„Sie müssten in den Erfassungsbereich dieser 5 Milen kommen, um ihn zu orten.“

Bonnie tippte ein paar Befehle in den Computer, worauf ein graphisches Beispiel zu ihrer Erklärung aufpoppte.

Wie die, von einem ins Wasser geworfenen Steines ausgehenden Ringe, liefen drei konzentrische Kreise (entspringend aus der Mitte des Monitors) über eine Stadtkarte von L.A..

„O.K. Es gibt nur ein Problem. Ich möchte ihren schönen Wagen nicht beschädigen, indem ich in Flammen aufgehe.“

„Das ist kein Problem für Kitt. Er kann seine Scheiben beliebig in stufenloser Intensität schwarz tönen. Bis zu undurchdringlich für die ihnen schädlichen Strahlen. Doch wie kommen sie zu ihm hinaus? Die Mittagssonne steht im Zenit und keine Wolke ist weit und breit zu sehen.“

Angel konnte ihre Frage schnell beantworten.

„Im angrenzenden Gebäude gibt es eine Tiefgarage. Über eine Verbindungstüre im Keller kann man diese betreten.“

Bonnie nickte verstehend, hob ihren Comlink zum Mund und aktivierte ihn.

„Kitt – könntest du bitte in die Tiefgarage im Nebengebäude fahren?“

„Selbstverständlich.“ Klang es aus dem hochwertigen Minilautsprecher.

Im Hintergrund hörte man KITTs mächtigen Motor anspringen.

Gemeinsam gingen sie hinunter in den Keller. Angel voran, Bonnie und Cordelia nebeneinander, wobei Cordelia quasselnd neben ihr her lief, und Wesley als Abschluss.

KITTs schwarz glänzende Karosserie war in den dunklen Schatten unter den Säulen kaum auszumachen. Einzig das ewig wandernde rote Licht seines Scanners stach aus der Dunkelheit.

Als Angel aus dem Gang heraustrat, und vom Bewegungsmelder erfasst wurde, erhellte sich das Gewölbe unter dem sanften Licht der Tiefgaragenbeleuchtung.

Bonnie trat an das schlanke schwarze Gefährt heran.

„Kitt, Angel würde gerne deine Unterstützung bei der Suche nach Michael in Anspruch nehmen. Ich denke das dürfte auch in deinem Interesse liegen?“

„Mr. Angels Überlegungen sind sehr logisch. Und natürlich würde ich mich freuen ihnen zu helfen. Um so mehr da es um Michael geht.“

„Ehm ja. Du hast mitbekommen, dass ich mich dem direkten Sonnenlicht nicht aussetzen darf?“

Angel war es etwas unangenehm sich mit einem Auto zu unterhalten. Der Wagen war ihm unheimlich.

„Dieses Problem lässt sich schnell beheben.“

Vor Angels Augen veränderten sich die glasklaren Scheiben, wurden innerhalb zwei Sekunden pechschwarz.

Bonnie trat einen Schritt vor und öffnete für Angel die Türe.

Der Innenraum wurde von unzähligen rot, blau, grün und andersfarbig leuchtenden Knöpfen in buntes Licht getaucht.

„Es steht ihnen frei selbst zu fahren, oder dies Kitt zu überlassen.“

Angel sah so verloren in das Innere des Autos, dass Bonnie sich zu einer kleinen Erklärung verpflichtet fühlte.

 „Kitt ist kein Dämon. Zumindest kein böser.“

Als Angel sie bestürzt anschaute, hätte sie beinahe aufgelacht, doch der Gedanke an Michael wischte ihr Lächeln wieder aus dem Gesicht.

„Das war ein Scherz, Angel. Kitt ist ein hochentwickelter Computer, der in diesem Fahrzeug an alle Funktionen angeschlossen ist. Vom Radio bis zum Autopiloten. Deshalb meinte ich auch, dass sie selbst fahren können, oder es ihm überlassen. Was die vielen Sonderfunktionen angeht, würde ich sie bitten die Finger davon zu lassen. Oder nur auf Absprache mit Kitt. Also gut. Am besten sie machen sich nun auf den Weg. Kitt wird schon aufpassen, dass sie keinen Unfug mit ihm treiben. Das machts du doch, oder?“

Bonnie lehnte sich über die geöffnete Türe, um an Angel vorbei zu der Voice-Box zu schauen.

„Selbstverständlich, Bonnie.“ Wie zur Bestätigung leuchtete das rote LED Feld über der Lenksäule auf.

Angel setzte sich vorsichtig in den weichen Velourssitz. Vor ihm befand sich das Lenkrad, welches aber mehr Ähnlichkeit mit dem Steuer eines Flugzeuges hatte.

Überhaupt hatte das Armaturenbrett mehr mit dem Cockpit eines Flugzeuges gemeinsam, als mit dem eines Autos.

„Ich überlasse das Fahren liebend gern dem Auto, wenn es mich wirklich so sicher hin bringt, wohin es sollte.“

Skeptisch schaute er auf die blinkende Vielfalt.

„Sie können mir vertrauen, Mr. Angel.“

Erklang die ihm nun schon bekannte höfliche Stimme wieder.

„Nur Angel.“ Korrigierte er automatisch.

   „Wie sie wünschen, Angel.“

„Also gut. Viel Glück.“

Bonnie gab der Türe einen Stoß und trat dann zurück.

Selbstständig startete der Motor und Angel beobachtete fasziniert, wie der Ganghebel des Automatikgetriebes in den Rückwärtsgang einrastete.

Die Pedale zu seinen Füßen bewegten sich, und der Wagen rollte rückwärts aus der Parklücke.

Etwas mulmig war ihm doch. Aber Bonnie vertraute ihm trotz seiner Andersheit. Sollte er dann nicht auch selber Vertrauen diesem Fahrzeug gegenüber zeigen können?

 

Q

 

Michael hatte sich instinktiv in die hinterste Ecke einer Tiefgarage verkrochen.

Die Limo war wohl etwas auffällig, doch die passierenden Menschen warfen nur einen kurzen Blick darauf, um sie gleich darauf wieder vergessen zu haben.

Ein kleiner Straßendieb, der sich als Autodieb an ihr versuchen wollte, schrak fürchterlich zusammen, als ein bleicher Mann mit dunklen Augenrändern ihn, wie aus einem Horrorfilm entsprungen, aus dem Fontfenster heraus anbrüllte.

Müde hatte sich Michael in den hinteren Teil begeben, doch innere Unruhe hatte ihn gepackt, und so konnte er nur ungeduldig darauf warten, bis die Nacht einbrach.

Wiederholt warf er einen Blick auf seine Uhr. Nur langsam verging die Zeit.

Sein unstillbarer Durst wurde immer größer, wie auch seine Ungeduld.

Er hielt es in dem Fahrzeug einfach nicht mehr länger aus. Seine Nerven schienen blank zu liegen. Er musste etwas tun. Vielleicht würde er eine Lösung finden.

Die Türe aufstoßend stolperte er aus dem Fahrzeug, und glitt sofort in den Schatten der nächsten Säule. Stetig umherwandernd suchten seine Augen die Umgebung ab.

Ein Auto kam gerade vom oberen Stockwerk herunter um zur Ausfahrt zu fahren.

Sofort stellte er sich weiter in den Schatten. Verschmolz mit ihm.

Sein Blick wieder auf die Suche schickend, entdeckte er bald die Reihe der Fahrstühle. Einer davon kam herunter. Das konnte er an den, wechselnd aufleuchtenden Zahlen oberhalb der Türen sehen.

Gebannt schaute er auf die Zahlen. 10 – 9 - 8 - 7 -  6 – 5 – 4 –3 – 2 – 1- 0

Endlich. Die Türen öffneten sich.

Eine junge Frau trat heraus. In ihrer Tasche nach ihrem Schlüssel suchend.

Michael konnte ihren süßlichen Duft riechen. Der Mix aus Parfüm und des ihres Blutes, heizten sein eigenes an.

Auf leisen Sohlen schlich er hinüber zu ihr.

Auf halbem Wege ertönte der tiefe Klang eines großen V8 Bigblock Motors.

Er war noch weit entfernt. Doch Michaels Ohren und sein Unterbewusstsein nahmen den vertrauten Klang im Bruchteil eines Augenblicks wahr. Sein Kopf ruckte herum.

Am Eingang konnte er zwei Autos erkennen.

 

 

Natürlich. Er griff nach seiner linken Hand, machte in Windeseile die Uhr an seinem Handgelenk ab und ließ sie in die halbgeöffnete Einkaufstasche der jungen Frau fallen.

Diese stieg in einen alten klapprigen VW Käfer. Das typische Knattern des Motors erfüllte die Garage, tönte bis in den hintersten Winkel.

Michael schielte hinüber zum Eingang.

Die schwarze Silhouette des Trans Ams glitt durch das Dunkel der schwach erhellten Gänge. Wie ein Panter auf der Jagd. Oft hatte er in vergleichbaren Situationen hinter seinem Steuer gesessen, hatte die Bösewichter aus ihrem Versteck geholt.

Als der kleine VW in die Nähe des Wagens kam, schoss er urplötzlich nach vorn, setzte zur Verfolgung an.

Michael sah wie der Scanner seinen Rhythmus veränderte.

Als KITT an ihm vorbei schoss, dem kleinen Käfer hinter her, presste er sich so nah wie möglich an die Säule, um ja nicht von seinem Partner gesehen zu werden.

Als beide Motoren sich im Lärm des Verkehrs verloren hatten, traute sich Michael wieder heraus.

Er musste dringend einen Weg finden, von hier zu verschwinden. KITT würde sich nicht lange von ihm an der Nase herum führen lassen. Dazu war er viel zu intelligent.

Und er kannte ihn zu gut.

Neben ihm befand sich ein altersschwacher Chevy. Seine Scheiben waren tief verdreckt, und würden das meiste der Sonne wie einen Schutz nicht einlassen.

Die Türe war schnell geöffnet, das Schloss geknackt und die Zündung kurz geschlossen.

 

Q

 

Sie waren über einer Stunde in der Stadt herum gefahren, hatten systematisch eine Tiefgarage nach der anderen abgeklappert.

Angel wunderte sich noch immer über die Fähigkeit des Wagens zu denken. Und das nicht einfach, wie es ein Computer auf logischen Tatsachen basierend machen würde.

Nein er handelte seltsamerweise auch mit einer gewissen Art von Gefühl.

KITT war aus logischen Berechnungen auf die hohe Wahrscheinlichkeit gekommen, dass sich sein Partner und Freund nur in Unterirdischen Einrichtungen aufhalten konnte, und da die dicken Mauern das Funksignal des Comlinks zusätzlich störten, mussten sie jede einzelne Möglichkeit genauestens untersuchen.

Schon bei der sechsten hatten sie Glück. Auf dem Bildschirm wurden mehrere sich überlappende Kreise sichtbar, die um so näher sie der Quelle kamen, sich in die gewünschten Koaxialen Kreise einpendelten.

Langsam glitten sie an den Reihen der Autos entlang, wobei Angel mit äußerster Konzentration die Lücken zwischen den Autos mit seinen Augen absuchte.

„Ich glaube ihn gefunden zu haben.“ Deutliche Aufregung lag in KITTs Stimme.

Mit einem Satz schoss der Wagen voran.

Durch die Beschleunigung in den Sitz gepresst, versuchte Angel sich am Türgriff wieder hoch zu ziehen.

Über zwei Autoreihen hinweg schauend, konnte Angel einen kleinen rotbraunen Käfer ausmachen (oder stammte das Braun von dem vielen Rost im Rot) der sich die Windungen hinauf zum Ausgang quälte.

KITT schlingerte um die Ecke, verfehlte um Haaresbreite eine der vielen Tragsäulen und beschleunigte mit durchdrehenden Reifen.

Angel glaubte etwas zu spüren. Drehte seinen Kopf nochmals zu der, gerade passierten Säule um, konnte aber bei dem Tempo nichts erkennen.

Gleich darauf waren sie auch schon wieder aus dem Gebäude heraus und im dichtem Straßenverkehr eingetaucht.

 

Q