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Angels 67`Plymouth GTX

 

In einer halben Stunde würde die Sonne aufgehen.

Während Angel, Cordelia und Wesley zu ihren Fahrzeugen eilten (Wesleys Motorrad lehnte an der Mauer, nahe dem Eingangsportal des Knight Mansions, Angels schwarze Limousine hatte er bei der „Dämonenbar“ zurückgelassen), spurtete Bonnie los, um Dr. Albert zu suchen.

Schon waren die ersten Sonnenstrahlen zu erahnen. Blutrot färbte sich das Firmament.

Wie eine Prophezeiung der kommenden Geschehnisse.

Elegant glitt der schwarze Plymouth durch die noch schattigen Straßen.

Tief brummte sein großer V8 Motor. Kein Sonnenlicht hätte versehentlich durch seine tiefschwarz verdunkelten Scheiben fallen können.

Die Sonne wanderte weiter. Erfasste den östlichsten Teil von Los Angeles.

Bonnie rannte durch die vielen Gänge des Anwesens, durchquerte es von einer Seite zur anderen, auf direktestem Wege, die aufgehende Sonne in ihrem Rücken.

Ein verschlafener Justin Turner kam ihr auf dem Gang entgegen, den sie sofort am Ärmel packte und mit sich zog.

Als die Sonne gerade hinter dem höchsten der Wolkenkratzer hervorlugte, fuhr Angel gerade seine Einfahrt hinunter, durch das Tor zu seiner Tiefgarage.

Der weiße Strahl der Sonne verfehlte die Stoßstange des Wagens nur knapp, dann sperrte das Garagentor alles Helle aus.

Als suchte die Sonne nun ein weiteres Opfer, kam sie an der Garage an, in der KITT stand.

Langsam, als hätte sie alle Zeit der Welt, glitt sie an der Wand empor, um dann durch die oberen Scheiben der großen Halle, direkt punktgenau auf das Gesicht hinter der Windschutzscheibe des Trans Ams zu fallen.

Diese verdunkelten sich jedoch innerhalb eines Sekundenbruchteils, das Stöhnen des Mannes hatte noch nicht gänzlich seine Lippen verlassen, und wurden ebenso tiefschwarz, wie die des Plymouth. Undurchdringlich für die, dem Mann gefährlich werdenden, Sonnenstrahlen.

Sekunden verstrichen zu Minuten.

 

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Michaels Geist raste. Er war es nicht gewohnt, andere seine Arbeit machen zu lassen.

Er sollte an Stelle von Angel hinter dem Kerl her sein.

Hätte er sich nur an seine Fersen heften können.

Eilige Schritte erregten seine Aufmerksamkeit.

Dr. Albert kam mit einem Rollstuhl zu KITTs Fahrerseite, im Schlepptau einen verwirrten Justin.

Die beiden Männer wollten ihm aus dem Trans Am heraus helfen, doch Michael, der zuvor noch in der abgedunkelten Fahrerkabine gesessen hatte, zuckte nun vor den, nach ihm leckenden, Sonnenstrahlen zurück.

KITT verschaffte sich gedankenschnell Zugang zur Gebäudekontrolle, über welches die Einstellung von Klimaanlage und Heizung, Schlösser von Türen und Fenster, sowie die Bedienung der umlaufenden Jalousien zu schalten war.

Sofort rauschten diese vollständig hinunter.

„Nun können sie aussteigen Michael. Das Sonnenlicht kann ihnen nicht mehr schaden.“

Gemeinsam halfen ihm die beiden Männer nun aus dem Trans Am.

Dr. Albert wollte den Rollstuhl herumdrehen, wurde aber nochmals von Michael aufgehalten, dem eine Idee gekommen war.

„Kitt – ich möchte, dass du Angel folgst. Ich will wissen, wohin er geht, mit wem er sich trifft, und was er heraus findet.“

„Soll ich dabei Mr. Angel unbemerkt folgen, oder mit ihm zusammen arbeiten?“

Michael überlegte einen Moment.

Würde KITT, Angel versuchen unbemerkt zu folgen, könnte er in die Lage geraten in zu verlieren.

Die Verantwortung selbst Entscheidungen schnell zu treffen wollte er KITT nicht aufbürden.

KITT war es nicht gewohnt eigene Entscheidungen zu treffen.

Zu leicht könnte er dadurch in einen Gewissens – bzw. Schaltkreiskonflikt geraten.

„Ich glaube die Zusammenarbeit mit ihm ist ratsamer. Mit deiner überlegenen Logik solltest du eigentlich in der Lage sein, ihn dazu zu überreden.“

„Ich geh mit ihm.“

Bonnie stand im Rahmen der Verbindungstüre zum Haupthaus, und schaute mit einem entschlossenen Gesichtsausdruck zu ihnen herüber.

Sie hatte Angels Warnung nicht vergessen und hielt einen sicheren Abstand zu Michael, indem sie auf der ihm gegenüberliegenden Seite der Halle blieb, KITTs schützende Karosserie zwischen sich und ihm.

„Du wirst dich unterstehen.“ Protestierte Michael.

„Ich lasse Kitt nicht allein da raus.“ 

Aufgebracht durch Michaels Protest machte Bonnie einen Schritt nach vorn und zeigte, ihre Worte unterstreichend, auf das Garagentor und die dahinter liegende Ungewissheit.

„Angel ist ein Vampir. Was ist, wenn er dich anfällt? Wie du vielleicht weißt, tun Vampire solche Sachen.“

„Angel ist nicht die Gefahr. Das weißt du genauso, wie ich. Im Moment geht von dir eine größere Gefahr aus. Und er ist nicht allein. Miss Chace und Mr. Wyndam sind ganz Normalsterbliche.“

Michael gefiel ihre Idee trotzdem nicht.

„Es gibt auch noch andere Gefahren, die da draußen auf dich lauern könnten. Wie z.B. diesen Marquis. Wie willst du dich gegen ihn wehren?“ versuchte Michael, wie er dachte, Bonnie mit einem geltenden Grund zum Hierbleiben zu überreden.

„Ich kann sehr wohl auf mich selbst aufpassen, Michael. Du selbst hast mir Unterricht in einigen Kampfsportarten der Selbstverteidigung gegeben. Und zum anderen halte ich Angel für vertrauensvoll. Wer, wenn nicht er, könnte mich besser vor diesem Marquis schützen?“

„Dann versprich mir wenigstens, dich nicht unnötig in Gefahr zu begeben.“

Bonnie atmete erleichtert auf. Sie hatte schon befürchtet, dass Michael mit weiterem Widerspruch kommen würde. Das er so schnell aufgab, kam überraschend für Bonnie. Das passte gar nicht zu ihm. Aber die momentanen Verhältnisse entsprachen auch nicht der Norm.

„Ich versprech dir, in Kitts Nähe zu bleiben.“

Damit eilte sie schnell um KITT herum und stieg bei ihm ein.

Michael schaute zu dem Wagen hinüber, den er so gut kannte. Normalerweise saß er hinter seinem Steuer. Nun musste er mit ansehen, wie Bonnie seinen Motor startete und rückwärts anfuhr.

Es war ein beklemmendes Gefühl zu sehen, wie der schwarze Wagen ohne ihn davon fuhr.

Das Garagentor öffnete sich und Strahlen der Sonne lugten durch den immer größer werdenden Schlitz. Michael musste den Blick von KITT abwenden.

„Bringen sie mich auf die Krankenstation Doc, bevor ich noch zu Asche werde.“

 

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Angel, Cordelia und Wesley hatten sich in ihr Büro zurück gezogen.

Am Tage konnten sie nicht viel unternehmen.

Ihre Gegner waren meist nachtaktiv.

Während Cordelia im Internet nach Informationen suchte, und Wes sich wie gewohnt auf seine alten verstaubten Bücher geschmissen hatte, lag Angel im Bett und grübelte.

„Angel, wie wärs, wenn wir Gunn zu Hilfe ziehen? Er könnte seiner Gang sagen, die Augen offen zu halten.“

Cordelia stand im Türrahmen zu seinem Schlafzimmer. Sie hatte sich zuerst vergewissert, dass er nicht schlief. Vampire störte man nicht einfach im Schlaf.

Angel nickte darauf zustimmend und meinte nachdenklich:

„Ich werde heute Abend in die Bar gehen und unseren Besserwisser mal fragen. Hat Wes schon was gefunden?“

Cordelia schüttelte ihren Kopf.

„Dein Marquis existiert nicht. Zumindest nicht unter seinem ehemaligen Namen. Und es ist schwer etwas zu finden, wenn man nicht weiß, nach was man eigentlich suchen muss.“

Sie drehte sich um, blieb dann aber wie angewurzelt stehen.

„Was machen sie denn hier?“

 

 

Alle starrten sie an.

Bonnie stand mitten in der riesigen Eingangshalle.

Unbemerkt hatte sie das altanmutende Haus über die Schwingtüren betreten.

Eine steinerne Treppe führte hinunter in einen, mit edlem Marmor ausgelegten hallenähnlichen Raum. Auf der einen Seite, führte eine Wendeltreppe um eine Säule in das obere Stockwerk, (eine weitere ähnliche Treppe konnte sie am Ende des Raumes im Schatten ausmachen), links von ihr befand sich ein riesiges steinernes Etwas, was sehr stark dem Tresen eines Hotels ähnelte.

Bonnie vermutete, dass es ehemals mal als Hotel benutzt worden war. Doch heute zeugten deutliche Anzeichen für den Verfall.

Angel Investigation schien nicht viel einzubringen.

Doch das sagte nicht viel aus. Wäre nicht das reichliche Erbe von Wilton Knight gewesen, wäre die Foundation vielleicht auch von solch einem Ort geführt worden.

Bonnie wäre es auch ganz egal gewesen. Wo auch immer sie ihre Werkstatt aufbauen konnte, um KITT zu warten, war sie zuhause.

Cordelias Ausruf brachte sie wieder in die Gegenwart zurück. Erst jetzt bemerkte sie, dass Wesley interessiert zu ihr herüber schaute, und das Monstrum eines Buches vor sich, vergessen zu haben schien.

Hinter Cordelia kam nun auch ein erschöpfter Angel zum Vorschein, der gerade in ein schwarzes Seidenhemd hinein schlüpfte.

Bonnie wartete bis beide zu ihr gekommen waren, um dann eine Erklärung abzugeben.

„Sie haben doch selber gesagt, dass ich mich von Michael fernhalten soll. Und hier bei ihnen befinde ich mich weit genug von ihm entfernt. Mein eigentliches Anliegen ist es jedoch, ihnen bei der Suche nach dem Marquis behilflich zu sein. Zudem möchte Michael immer auf dem Laufenden sein. Er hätte ihnen nun Kitt allein hinter her geschickt. Damit war ich jedoch nicht einverstanden. Kitt ist es nicht gewohnt allein zu arbeiten.“

„Wie sie wünschen. Schauen sie einfach, dass sie mir nicht im Wege sind. Vielleicht können sie Cordelia am Computer helfen? Sie scheinen davon Ahnung zu haben. Ich werde mich wieder hinlegen. -  Jetzt am Tage können wir nicht viel ausrichten.“

Angel hatte Bonnie zu einer Erwiderung ansetzen sehen.

„Das was wir suchen befindet sich in einer anderen Welt, einer Welt deren Tor sich bei Sonnenuntergang öffnet, und die sie sich in ihren Träumen nicht mal vorstellen könnten.“

Einen langen Augenblick schaute Angel auf die brünette Schönheit vor sich. Gebannt schaute sie zu ihm empor. Er war es gewohnt, diese Wirkung auf Menschen zu haben, doch während er es in einem früheren Leben schamlos ausgenutzt hatte, brach er den Bann nun von sich aus und wandte sich von ihr ab.

 

Bonnie schaute völlig verdutzt auf den breiten Rücken.

Sie  hatte nicht damit gerechnet, dass er ihr so schnell erlauben würde zu bleiben.

Sie folgte ihm mit ihren Augen durch den Raum und die Treppe hinauf.

Die Türe zu seinem Schlafzimmer fiel polternd ins Schloss, und überlaut wurde der Riegel vorgeschoben.

Neben ihr zuckte Cordelia zusammen.

„Uff. Sie müssen wirklich einen Stein im Brett bei ihm haben. So schnell gibt er sonst nicht nach. Aber die Art wie er in sein Zimmer stürmte, spricht Bände. Sie waren kein Teil seines Planes, den er jetzt wieder verwerfen kann. Wenn ich auch nicht denke, dass er daran viel ändern muss.“

Cordelia schaute nachdenklich auf die, im dunklem liegende, Türe.

In dem Moment piepste, der an Bonnies Handgelenk befindliche Comlink zweimal.

Fast gewohnheitsmäßig hob Bonnie ihre modifizierte Damenuhr zum Mund.

„Was ist Kitt?“

„Ein, mir sehr fragwürdig erscheinender junger Mann, ist gerade an mir vorbei geeilt und hat das Haus von Angel Investigation betreten.“

„Danke Kitt.“

Bonnie schaute von ihrer kleinen Rolex auf, und in zwei verblüfft dreinblickende Gesichter.

Cordelias feingeschwungener Mund öffnete sich schon, um Bonnie nach der sprechenden Uhr zu befragen, als der angekündigte Besucher herein schneite.

Heh, habt ihr schon gehört? Es ist ein Neuer in der Stadt. Ich hab schon zwei meiner Jungs an ihn verloren. Wo steckt Angel? Muss dringend  mit ihm sprechen.“

Der von KITT recht treffend beschriebene junge Mann, eilte an ihnen vorbei, auf die Treppe zu.

Bonnie schätzte den in einer schwarzen Bomberjacke steckenden Schwarzen, auf Anfang/Mitte Zwanzig. Er hatte deutlich das Auftreten eines Streetgang Leaders. Bonnie fragte sich, in welchem Verhältnis er zu diesen Menschen stand.

„Gunn!“

Cordelia jagte hinter ihm her, um ihm dann den Weg zu Angel zu verstellen.

„Du kannst doch nicht einfach zu ihm hochgehen. Ich hab dir schon einmal gesagt, dass man schlafende Vampire nicht ungestraft weckt.“

„Ist schon gut Cordi. Ich bin wach.“

Angel erschien auf der Treppe und knöpfte sich wiederholt, innerhalb weniger Minuten sein Hemd zu. Leichte Gereiztheit stand in seinem Gesicht, doch die an Cordelia gerichteten Worte waren in ruhigen Ton gesprochen.

Doch das änderte sich, als er seine Aufmerksamkeit auf den, trotzig zu ihm aufschauenden, Mann richtete.